Wenn sich der Sommer bereits verabschiedet hat, der Winter aber noch nicht so recht Einzug halten will, dann ist die Zeit der Stürme, des Laubfalls und der letzen Gartenarbeiten im Jahreslauf gekommen. Der Herbst bringt aber auch jede Menge Rechtsstreitigkeiten mit sich, mit denen sich diese Extra-Ausgabe des Infodienstes Recht und Steuern der LBS befasst.
Mal geht es um die Sturmsicherheit von Bäumen und Kaminen, mal um große Mengen von herabfallenden Blättern, derentwegen sich die Nachbarn streiten. Deutsche Gerichte haben für fast alle diese Problemfelder bereits eine Lösung gefunden und entsprechende Grundsatzurteile gesprochen.
Risiko Baum im Herbst
Ein großer Baum stellt automatisch auch immer ein großes Risiko dar. Ist er morsch oder von einer Krankheit befallen, was man als Laie auf den ersten Blick nicht immer sieht, dann kann er bei starkem Wind umknicken. Das Oberlandesgericht Hamm (Aktenzeichen I-11 U 100/12) hatte es mit einem Fall zu tun, in dem der Ast einer Platane abgeknickt war und großen Schaden verursacht hatte. Der Geschädigte monierte, der Baum hätte mehr als zwei Mal im Jahr kontrolliert werden müssen. Das verneinten die Richter und stellten fest, im konkreten Fall sei diese Überwachungsfrequenz ausreichend gewesen.
Wenn allerdings ein Verkehrssicherungspflichtiger bereits weiß, dass ein Baum gefährdet ist, dann muss er auch entsprechend handeln. Eine Gemeinde hatte eine marode Pappel als bruchgefährdet eingestuft und sie zum Fällen vorgesehen. Die Aktion wurde jedoch nicht als dringlich angesehen und aufgeschoben. Prompt kam es an einem Septembertag zu einem Unfall mit erheblichem Schaden. Das Oberlandesgericht Rostock (Aktenzeichen 5 U 334/08) entschied, dass die Gemeinde haften müsse. Man habe dringend nötige, weitergehende Untersuchungen zum Zustand des Baumes unterlassen.
Sturmschäden – wer haftet?
Selbst wenn kein Stamm abbricht und mit großem Getöse nach unten stürzt, sorgt der Herbst für Ärger – nämlich wegen des sanft herabfallenden Laubes. Das kann für Nachbarn zu einer Last werden, wenn sich die Blätter auf einem fremden Grundstück sammeln und von dort entsorgt werden müssen. Gelegentlich wird deswegen eine Art „Laubrente“ vereinbart, die der Leidtragende erhält. Doch nach Überzeugung des Oberlandesgerichts Karlsruhe (Aktenzeichen 6 U 184/07) reichen zwei Eichen nicht dafür aus. Das sei noch ein zumutbares Ausmaß der Belästigung.
Für Passanten und Augenzeugen muss es ein Schock gewesen sein: Bei einem schweren Sturm lösten sich von einem Kamin eines Innenstadt-Hauses einzelne Steine und rasten zu Boden. Unter anderem wurden die Frontscheibe, das Dach und die Motorhaube eines geparkten Autos getroffen. Offensichtlich sei der Schornstein in einem schlechten baulichen Zustand gewesen, schloss das Amtsgericht Berlin-Schöneberg (Aktenzeichen 17 b C 181/07) aus den Umständen. Ein Eigentümer müsse jedoch dafür sorgen, dass alle Teile seiner Immobilie auch ungewöhnlichen Witterungsverhältnissen Stand halten.
Ohne Ende Laub
Eine Mischung aus Laub, kleinen Ästchen und Schlamm sorgt im Herbst immer wieder dafür, dass die Abflüsse von Balkonen verstopfen. Schnell sammelt sich Wasser und kann in den darunter liegenden Wohnungen Schaden verursachen. Grundsätzlich, so stellte das Amtsgericht Berlin-Neukölln (Aktenzeichen 13 C 197/11) fest, fällt die Überwachung und regelmäßige Reinigung des Abflusses in den Verantwortungsbereich des Mieters. Er sei diesem Ort im Alltag ja auch am nächsten. Von einem Eigentümer könne man nicht erwarten, dass er ständig den Balkonabfluss kontrolliere.
Das Laubfegen gehört nicht gerade zu den beliebtesten Freizeitbeschäftigungen. Eine Eigentümergemeinschaft versuchte es so zu regeln: Sie beschloss mehrheitlich, dass von September bis Januar eines Jahres jeder Bewohner abwechselnd in einem festen Turnus damit beauftragt werde. Der Fall kam vor das Oberlandesgericht Düsseldorf (Aktenzeichen I-3 Wx 77/08). Die Juristen entschieden, solch eine Regelung hätte einvernehmlich vereinbart und nicht nur von einer Mehrheit beschlossen werden müssen.
Manchmal hat man es als Radler, Motorrad- oder Autofahrer im Herbst nicht gerade leicht – dann nämlich, wenn ein Verkehrsschild den ganzen Sommer über von Pflanzen zugewuchert wurde und nun nicht mehr zu entziffern ist. So war es bei einem Tempo-30-Schild in einem Wohngebiet gewesen. Das Oberlandesgericht Hamm (Aktenzeichen III-3 RBs 336/09) entschied daraufhin, dass solche Zeichen für einen Verkehrsteilnehmer nicht verbindlich seien. Bei Schildern gelte der Sichtbarkeitsgrundsatz. Die Behörden müssten dafür sorgen, dass sie jeder Betroffene auch tatsächlich erkennen könne.
Wenn ein Haus noch nicht über eine schützende „Außenhaut“ aus Mauern, Fenstern, Türen und Dach verfügt, dann ist es gegenüber Stürmen besonders anfällig. Wie aber ist dieses halbfertige Gebäude eigentlich versicherungsrechtlich einzuordnen? Das Oberlandesgericht Rostock (Aktenzeichen 6 U 121/07) sprach sich zu Gunsten der Assekuranz und zu Lasten des Hausbesitzers aus. Ein solches Objekt ohne Außenhaut sei als „nicht bezugsfertiges Gebäude“ zu betrachten, das nicht von einer Versicherung gegen Sturmschäden profitieren könne.
Besonders aktiv sind im Herbst die Wildschweine. Sie wagen sich inzwischen schon bis in die Außenbezirke von Großstädten vor, suchen dort nach Nahrung und richten dabei in den Gärten erhebliche Schäden an. Das Amtsgericht Berlin-Köpenick (Aktenzeichen 15 C 25/12) legte auf die Klage von Mietern hin fest, dass der Eigentümer eines Grundstücks zum Schutz vor Wildschweinen einen stabilen Zaun errichten muss. Das gehöre dazu, um die Mietsache in einem vertragsgemäßen Zustand zu erhalten.
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