Immobilienrecht

Risse durch Arbeiten des Nachbarn

Tipp vom Bauanwalt © styleuneed / Fotolia.com
Tipp vom Bauanwalt © styleuneed / Fotolia.com

Es ist nicht selten der Fall, dass im zeitlichen Zusammenhang mit Bauarbeiten auf dem Nachbargrundstück Risse am eigenen Gebäude entstehen. Gerade in Innenstädten mit hoher Baudichte können Bautätigkeiten wie Bodenverdichtungen durch Baggerstampfer und Rüttelplatte zu Erschütterungen im Bereich des Nachbargrundstückes führen.

Für den Hauseigentümer des geschädigten Gebäudes stellen sich nunmehr zwei Fragen:

1. Wer haftet für die Beschädigung meines Gebäudes?

2. Wer trägt die Beweislast der Ursächlichkeit der Bauarbeiten für die Rissentstehung?

Die Beantwortung der beiden Fragen ist in der Rechtsprechung äußerst umstritten. Hinsichtlich der Haftung kommt der Bauherr der Baumaßnahme oder auch das Bauunternehmen in Betracht.

Wer haftet: Bauherr oder Bauunternehmer?

Das Berliner Kammergericht hat in einem im Januar dieses Jahres rechtskräftig gewordenen Urteil (22 U 226/09) entschieden, dass beide haften, sowohl Bauherr als auch Bauunternehmer.

Haftung des Bauherrn?

Nach der Auffassung des Kammergerichtes haftet der Bauherr zwar, Schadensersatz schuldet er jedoch nicht. Zwar traf diesen eine eigenständige Pflicht zu prüfen, ob das Bauvorhaben zu Gefährdungen führt. Dieser Pflicht habe er aber schon dadurch genügt, dass er sorgfältig ausgewählte Ingenieure und Bauunternehmen mit der Bauausführung betraut habe.

Der Bauherr hatte keinen Grund zur Annahme, dass die von ihm eingesetzten Fachkräfte nicht dem Schutz der Nachbargebäude Rechnung tragen würden.

Allerdings stehe dem Eigentümer des geschädigten Gebäudes ein verschuldensunabhängiger Ausgleichsanspruch gem. § 906 Abs. 2 S. 2 BGB zu. Der Nachbar musste die Bauarbeiten dulden und konnte die damit verbundenen Beschädigungen seines Gebäudes nicht abwehren.

Gegen Bauherrn kein Schadensersatz, nur Entschädigung.

Die Höhe des Entschädigungsanspruchs bestimmt sich nach der Vermögenseinbuße, die der Nachbar erlitten hat. Er umfasst also etwa die Kosten für die Beseitigung der Schäden und Mietausfallschäden. Auch für den Entschädigungsanspruch gilt, dass Umsatzsteuer erst zu erstatten ist, wenn sie tatsächlich angefallen ist.

Haftung des Bauunternehmers?

Da der Bauunternehmer und der geschädigte Nachbar keinen gemeinsamen Vertrag haben, kommen direkte vertragliche Ansprüche nicht in Betracht. Jedoch entfaltet nach der Rechtsprechung des KG der Vertrag zwischen dem Bauherrn und dem Bauunternehmen eine Schutzwirkung für den Nachbarn.

Im Rahmen dieser Vertragsverletzung bejaht das Berliner Kammergericht das Vorliegen einer Pflichtverletzung des Bauunternehmens. Denn im Zusammenhang mit den Arbeiten ist es zu einer Beschädigung des Nachbargebäudes gekommen. Deshalb habe das Bauunternehmen seine Sorgfaltspflichten verletzt. Ein Verschulden des Bauunternehmens werde gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB vermutet.

Eine möglicherweise im Bauvertrag vereinbarte Haftungsfreistellung muss sich der Nachbar nicht entgegenhalten lassen. Eine solche Freistellung betrifft nicht das Außenverhältnis zum Nachbarn, so das Kammergericht.

Beweislast für Ursächlichkeit

Normalerweise muss der Geschädigte beweisen, dass das Bauvorhaben auf dem Nachbargrundstück ursächlich ist für die Rissbildung. Das Kammergericht urteilte hier aber eine Beweiserleichterung für den Nachbarn. Treten in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit umfangreichen Bauarbeiten auf einem benachbarten Grundstück an einem Gebäude Risse auf, streitet ein Anscheinsbeweis für die Ursächlichkeit der Bauarbeiten.

Anscheinsbeweis für die Ursächlichkeit der Bauarbeiten

Nach Auffassung des Kammergerichtes reicht eine Mitursächlichkeit der Bauarbeiten aus. Es könne daher dahinstehen, ob und in welchem Umfang allein die Bauarbeiten Ursache der Risse sind. Zur Widerlegung dieses Anscheinsbeweises ist ausreichend konkreter Tatsachenvortrag erforderlich, aus dem sich die ernsthafte Möglichkeit anderer Ursachen ergibt.

Mein Tipp:

Zu Beginn der Bauarbeiten auf dem Nachbargrundstück sollten Sie eine umfangreiche Dokumentation Ihres Gebäudes veranlassen. Hierzu gehört auch eine Dokumentation des Umfanges der bereits vorhandenen Risse. Dies insbesondere, da diese oft im Zuge der nachbarlichen Bauarbeiten größer werden.

Weitere Informationen

Andreas Jurisch
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Tel: 0331/27561-11
Email: d.schnella@streitboerger.de
www.streitboerger.de

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    1 Kommentar

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    • Auf unserem Nachbargrundstück wird derzeit ein grosses Hotel Baugrube 8000 qm gebaut. Derzeit wird die Baugrube ausgebaggert (Tiefgarage). Der Untergrund ist Kies.
      Ich bin mir nicht schlüssig ob unser Haus (Bj.1967 gut in Schuss, Entfernung 15m ) davon beeinträchtigt werden kann. Ob jetzt Fotos der Aussenseiten als Bestandsaufnahme ausreichen oder muss ich ein Gutachten vorab machen lassen? Der Bauunternehmer ahr eine Gutachterfirma mit einer Bestandsaufnahme beauftragt und verlangt Zutritt zu unserem Grundstück und unsere Räume.

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