Wärmedämmung

Gilt der Dämmstoff Polystyrol bald als Sondermüll?

Eine Dämmung aus Polystyrol ist nicht unumstritten. Bald schon könnte eine Entsorgung des Dämmstoffs für den Immobilieneigentümer teuer werden. mitifoto / Fotolia.com
Eine Dämmung aus Polystyrol ist nicht unumstritten. Bald schon könnte eine Entsorgung des Dämmstoffs für den Immobilieneigentümer teuer werden. mitifoto / Fotolia.com

In Deutschland ist Polystyrol das am häufigsten verwendete Material zur Wärmedämmung. Bundesweit kleben etwa 800 Millionen Quadratmeter der Hartschaumplatten auf Fassaden –das ist eine Fläche größer als das Stadtgebiet von Hamburg. Künftig könnte es für Immobilieneigentümer teuer werden, wenn sie die Wärmedämmung sanieren und die alten Dämmplatten entsorgen wollen. Nach Informationen der NDR Doku-Reihe „45 Min“ sollen ausgediente Dämmplatten aus Polystyrol als Sondermüll behandelt werden. Zudem müsse die Entsorgung lückenlos dokumentiert werden

Der Dämmstoff steht schon seit längerem in der Kritik, auch wegen seiner zweifelhaften Gesamtenergiebilanz. Der Kunststoff wird unter hohem Energieeinsatz aus Erdöl hergestellt. Fraglich ist, ob diese Energiemenge im Lebenszyklus des Dämmstoffs auch wieder einsparen kann. Zudem ist der Brennstoff brennbar. Daher können die Dämmplatten aus Polystyrol oft das giftige Flammschutzmittel Hexabromcyclododecan (HBCD) enthalten. Es ist mittlerweile weltweit verboten. Die Hersteller haben mittlerweile reagiert und verwenden andere Flammschutzmittel. Auch die spektakulären Fassadenbrände relativen sich, wenn man die Gesamtanzahl von Hausbränden betrachtet. Dennoch stehen HBCD-belastete Dämmplatten unter Verdacht, im Brandfall die Entstehung von hochgiftigen Dioxinen und Furanen zu ermöglichen. HBCD gilt laut Europäischer Chemikalienagentur als “besonders besorgniserregend”, denn es reichert sich in der Natur und in Organismen an und steht im Verdacht, die Fortpflanzung zu schädigen.

Neue Einstufung des Dämmstoffs ab Frühjahr 2016

Der Parlamentarische Staatsekretär im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB), Florian Pronold (SPD), bestätigte dem Fernsehsender, dass ausgediente Dämmplatten aus Polystyrol jedoch künftig als Sondermüll behandelt werden müssen. Geplant ist, dass die Abfallverzeichnisverordnung novelliert wird und im Frühjahr 2016 die neue Regelung in Kraft tritt. Bislang konnten beim Abriss einer Wärmedämmung aus Polystyrol diese als Kunststoffabfall oder gemischter Bauabfall entsorgt werden. Künftig will der Gesetzgeber sie als Sondermüll einstufen. Die Beseitigung einer Wärmedämmung dürfte sich damit für Hausbesitzer massiv verteuern, da die bisher üblichen Entsorgungswege nicht mehr zulässig sind. Zudem muss die Entsorgung lückenlos dokumentiert werden.

Entsorgung von Polystyrol wird sich für Hausbesitzer massiv verteuern

Derzeit werden die Platten häufig kostengünstig geschreddert, mit anderen Abfällen zu einem Ersatzbrennstoff vermischt und anschließend in Industriekraftwerken verbrannt. Doch schon jetzt berichten Immobilienbesitzer älterer Häuser mit einer Dämmung aus Polystyrol von Problemen bei der Entsorgung. Häufig werden die Abfälle vom örtlichen Entsorgungsunternehmen nicht mehr kostenfrei zurück genommen. Angesichts der riesigen Menge bereits verklebter Dämmstoffe befürchten Bauexperten zudem logistische Probleme bei der Entsorgung. Alternativ könnte man Wärmedämm-Verbundsystem (WDVS) aber auch aufdoppeln. Dabei wird ein weiteres Wärmedämm-Verbundsystem direkt auf das bestehende WDVS aufgebracht. Allerdings wird damit das Entsorgungsproblem nur verschoben.

Biozide in Fassadenfarben und -putzen

Im Fokus stehen außerdem Biozide in Fassadenfarben und –putzen. Biozide werden bei der Wärmedämmung für den Fassadenputz und Anstrich verwendet, um das Algen- oder Schimmelpilzwachstum an Hausfassaden zu unterbinden. Ihre Wirkung ist jedoch leider nicht dauerhaft, da die Giftstoffe mit dem Regen ausgewaschen werden und in Böden und Gewässer gelangen. Das Bundesumweltministerium beabsichtigt wohl nun, den Einsatz von Bioziden in Putzen und Farben umfangreicher zu dokumentieren. Bisher gebe es kaum belastbare Daten.

Tipp für Immobilienerwerber: Informieren Sie sich vor dem Kauf der Immobilie, wie und wann das Gebäude gedämmt wurde. Kalkulieren Sie eventuelle Entsorgungskosten in den Kaufpreis mit ein.

Tipp für angehende Bauherren: Es gibt Alternativen zur Polystyroldämmung -wie ökologische Dämmstoffe. Diese sind allerdings meistens teurer. Informieren Sie sich beim Hausbauunternehmen vor Abschluss des Bauvertrages.

Fabian Möbis

Über den Autor

Fabian Möbis

geprüfter Immobilienfachwirt (IHK) und langjähriger Redakteur für verschiedene Immobilienmagazine

Kommentar hinterlassen

Click here to post a comment

Werbung