Über Würfel, Pultdach, Verschattung und Gebäudeautomation
Geht es um Energieeffizienz im Neubau, richtet sich der Blick oft ausschließlich auf die Gebäudedämmung sowie die Heizungs- und Lüftungstechnik. Dabei gibt es noch eine Reihe anderer Faktoren, die nicht außer Acht gelassen werden dürfen.
Kompakte Gebäude im Vorteil
Wie soll das Haus aussehen? Mit der Antwort darauf wird bei der Planung des Hauses auch der Grundstein für eine nachhaltige Energieversorgung gelegt. Die Gebäudeheizung ersetzt ja die Wärme, die über die Gebäudehülle verloren geht. Kompakte Gebäudekörper haben den Vorteil, dass weniger Hüllfläche vorhanden ist, über die die Wärme entweichen kann. Erker, Gauben oder auch Vorsprünge sind deshalb eher ungünstig. Eine Entscheidung zwischen den realisierbaren geometrischen Formen muss getroffen werden. Aus energetischer Sicht ist ein gleichseitiger Würfel die sinnvollste Lösung. Nicht immer lassen Lage und Beschaffenheit des Grundstücks sowie regionale Bauvorschriften diese Gestaltungsvariante zu. Und auch nicht für jeden ist die Würfelform die Idealvorstellung vom Haus. Wer andere Lösungen sucht, sollte zumindest folgende Zusammenhänge im Blick haben. Die Länge des Gebäudes ist aus energetischer Sicht eher unproblematisch. Ganz anders die Gebäudetiefe. Werden hier 10 Metern überschritten, ist eine optimale Ausleuchtung der einzelnen Räume mit Tageslicht in der Regel nicht mehr garantiert. Auch der solare Wärmegewinn wird beeinträchtigt. Bei tiefen Gebäuden verringert sich das Verhältnis von Fensterfläche zu Wohnraum und somit auch der solare Wärmegewinn.
Südorientierung des Gebäudes anstreben
Über die Fensterflächen nehmen Gebäude eine Menge Sonnenenergie auf. Um hier möglichst optimale Erträge zu gewährleisten, sollte im Idealfall die Hauptfassade nach Süden orientiert sein. Bereits bei der Wahl des Baugrundstückes ist wenn es immer nur geht darauf zu achten, dass diese Südausrichtung des Gebäudes baulich möglich ist. Die gesamte Südfassade zu verglasen, ist allerdings auch nicht zu empfehlen. Bei dem niedrigen Heizwärmebedarf moderner Gebäude kann das schnell zu viel des Guten werden und zu einer Überhitzung des Gebäudes im Sommer führen. Ohnehin sollten alle Fensterflächen, mit Ausnahme der Fenster nach Norden, über ein Verschattungssystem verfügen. Entsprechende bauliche Lösungen müssen rechtzeitig vor dem Hausbau bedacht werden. Die Größe der Rohbauöffnungen für die Fenster und der entsprechende Fassadenanschluss sind bei Rollladenkästen zu berücksichtigen. Außenseitige Markisen müssen ihre Lasten in die tragende Außenwand übertragen können, vor allem, wenn sie weit ausladen. Auch die Befestigungspunkte für Fensterläden können möglicherweise nicht ohne weiteres durch ein Wärmedämmverbundsystem hindurch gedübelt werden.
Pultdach optimal für Solaranlagen
Aus energetischer Sicht ist ein nach Süden geneigtes Pultdach optimal. Es eignet sich am besten, um selbst Wärme und Strom mit einer Solarthermie– oder Photovoltaik-Anlage zu erzeugen. Die gesamte Dachfläche kann genutzt werden. Und entsprechende Anlagen erzielen bei Südausrichtung die höchsten Erträge. Konsequenz: die Fläche unterm Dach lässt sich nicht wie bei einem Steildach als Wohnfläche nutzen. Satteldächer mit Ost-/West-Neigung eignen sich bedingt auch zur Installation von Solaranlagen. Allerdings sollte die Dachneigung nicht zu steil sein. Auf Flachdächern empfiehlt sich eine Aufständerung der PV-Module.
Verschattung – befürchtet und gewünscht
Auch natürliche Gegebenheiten können Bedeutung erlangen, so etwa vorhandener Baumbestand. Laubbäume schützen im Sommer das Haus vor Wärme und im Winter lassen sie die Sonne durch das kahle Geäst herein. Das ist die positive Seite. Ansonsten aber sollte Verschattung bestmöglich vermieden werden. Sie kann die solaren Erträge durch die Fenster und die Effizienz von Photovoltaik- und Solarthermie-Anlagen schmälern. Für den Abstand zum südlichen Nachbargebäude gilt als Faustregel: Höhe des Nachbargebäudes X zwei oder drei = optimaler Mindestabstand. Größere Dachüberstände, Vordächer oder Balkone über südlich gelegenen Fenstern können im Sommer für die gewünschte ausreichende Verschattung sorgen und gleichermaßen die im Winter willkommenen Wärmestrahlen herein lassen. Es gibt zudem Konstruktionen, die solarthermische Kollektorfelder oder Photovoltaik-Paneele in die Gebäudeplanung mit einbeziehen und auf diese Weise zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: die Wärmestrahlen der hochstehenden Sonne werden abgehalten und gleichzeitig zur Produktion von elektrischer Energie oder zur Einspeisung in die Warmwasserversorgung genutzt. Solche Maßnahmen wirken sich jedoch auf das Erscheinungsbild des Hauses aus und sollten wohl überlegt geplant werden.
Raumanordnung im Blick haben
Je besser das Gebäude gedämmt ist, umso weniger fällt die Raumanordnung ins Gewicht. Einfluss auf den Heizwärmebedarf kann sie trotzdem haben. Räume mit gleicher Innentemperatur und Nutzungszeit werden idealerweise zusammengefasst. Häufig genutzte Räume wie Wohnzimmer, Küche, Kinderzimmer und Arbeitszimmer haben höheren Wärmebedarf. Sie sollten auf der Südost-, Süd- oder Südwestseite angeordnet werden. Räume mit geringerer Temperaturanforderung wie Schlafzimmer, WC, Treppenbereich, Wirtschaftsräume oder sonstige Nebenräume, sollten auf der Nord-, Nordost- oder Nordwestseite liegen. Wichtig ist eine klare Trennung zwischen beheizten und unbeheizten Räumen. Der Heizwärmebedarf wird durch unbeheizte Räume innerhalb der Gebäudehülle deutlich erhöht. Keller sollten idealerweise unbeheizt sein. Eine direkte Verbindung zum beheizten Gebäudeteil gilt es zu vermeiden. Einzelne beheizte Räume in einem ansonsten unbeheizten Keller haben sehr hohe Wärmebedarfe.
Gebäudeautomation nutzen
Durch die Automation technischer Prozessen im Gebäude kann ohne Behaglichkeitsverlust eine Menge Energie gespart werden. Einfache Beispiele sind das Ein- und Ausschalten des Lichtes mit Bewegungsmeldern oder das Abschalten der Heizung bei gekippten Fenstern durch einen signalgebenden Fensterkontakt. Gebäudeautomation kann aber bereits viel mehr und wird sich weiter entwickeln. Bereits heute können entsprechende Systeme Temperaturen separat für jeden Raum zeit- oder ereignisgesteuert regeln. Sie nutzen dafür Wetterprognosen oder die Daten aus Witterungssensoren am Haus. Auch ist es möglich, die Heizung automatisch herunterzuregeln, wenn niemand zu Hause ist. Im Sommer können außen liegende Sonnenschutzsysteme wie Raffstores, Rollläden oder Markisen, die wettergesteuert automatisch öffnen oder schließen, zur Behaglichkeit und zur Einsparung zusätzlicher Gebäudekühlung beitragen. Das gesteuerte Öffnen und Schließen von Rollläden kann im Winter nachts den Wärmeschutz an den Fenstern verbessern und tagsüber solare Gewinne erzielen, indem der Sonnenschutz an sonnenexponierten Verglasungen geöffnet wird. Die intelligente Steuerung von Geräten trägt dazu bei, selbst erzeugte Wärme oder Strom aus regenerativen Energieerzeugungsanlagen besser zu nutzten. So startet beispielsweise die befüllte und eingeschaltete Spül- oder Waschmaschine erst dann, wenn ausreichend Solarstrom der eigenen Photovoltaik-Anlage zur Verfügung steht. Dasselbe Prinzip kann beim Einsatz von Wärmepumpen sowie beim Laden von Elektrofahrzeugen Anwendung finden.
Hinweis: Grundwissen und bereits nutzbare Innovationen zum Thema Energieeffizienz und Energieerzeugung vermittelt der kostenfreie „Energieeffizienzratgeber“ des BSB. Die Ratgeberbroschüre kann auf der Internetseite des Vereins www.bsb-ev.de bestellt werden.
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