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Effizienzwerte im Energieausweis reiner Zufall?

i-picture / Fotolia.de
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Der seit 2014 in Energieausweisen enthaltene Energieeffizienzwert soll wesentlich dem Zufall unterliegen. Das geht aus einer in den vergangenen Monaten durchgeführten Untersuchung des Hauseigentümerverbands „Haus & Grund“ hervor. Die Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena) beurteilt die Studie als „wenig belastbar“.

Die Effizienzwerte seien oft nicht repräsentativ für die jeweilige Immobilie, kritisiert „Haus & Grund“ nach einem Test an zwei repräsentativen Wohngebäuden. „Der in Energieausweisen angegebene Energieeffizienzwert für Wohngebäude unterliegt wesentlich dem Zufall“, so das Fazit von Kai Warnecke, Hauptgeschäftsführer des Eigentümerverbands. Bisher würde es zu sehr von der Wahl des ausstellungsberechtigten Energieberaters abhängen, ob ein Haus schlechte oder gute Werte aufweist. Warnecke betont: „Nicht einmal ein hoher Preis garantiert Qualität. Die Probleme lassen sich auch nicht ohne Weiteres mit einer besseren Qualifizierung der Energieberater beheben.“

„Haus & Grund“: Energiekennwert nicht aussagekräftig für Prognose der Heizkosten

energieausweis„Haus & Grund“ hatte zehn verschiedene Energieberater aus der Expertenliste der dena sowie ein Onlineportal Verbrauchs- sowie Bedarfsausweise für ein Mehr- und ein Zweifamilienhaus anfertigen lassen. Sowohl Verbrauchs- als auch Bedarfsausweis sind Bestandteile des Energieausweises. Die durch verschiedene Berater ermittelten Energiekennwerte hätten sich dabei um bis zu 46 Prozent unterscheiden. „Die Probleme liegen im System“, erklärt Warnicke. Dies beginne bereits bei der Berechnung der Gebäudenutzfläche, die eine Grundlage zur Ermittlung der Energieeffizienzwerte darstellt. Verschiedene Berater würden dadurch den ermittelten Bedarf an Energie mitunter jeweils auf unterschiedliche Flächengrößen beziehen – obwohl es sich um dasselbe Gebäude handele.

Warnecke bezweifelt deshalb den grundsätzlichen Nutzen des Energieausweises für potenzielle Mieter. Seit 2014 müssen dessen Werte, darunter auch der sogenannte „Energiekennwerte“, in Immobilienanzeigen für Wohngebäude angegeben werden. Andernfalls droht ein Bußgeld von bis zu 15.000 Euro. Der Hauptgeschäftsführer von „Haus & Grund“ kritisiert: „Der Energiekennwert gibt keinen Hinweis darauf, ob ein Mieter mit hohen oder niedrigen Heizkosten zu rechnen hat. Deshalb hat er in Anzeigen nichts zu suchen.“ „Haus & Grund“ schlägt deshalb vor,  Energieausweisen im Wohnimmobilienmarkt zukünftig eine geringere Bedeutung beizumessen.

Dena: Kennwerte im Bedarfsausweis sind entscheidend

Der Vorsitzende der dena-Geschäftsführung und Sprecher der Allianz für Gebäude-Energie-Effizienz (geea) Andreas Kuhlmann warnt dagegen vor „leichtfertigen Schreckensmeldungen“. „Wir brauchen einen konstruktiven Dialog“, betont er. So seien die Ergebnisse des Verbrauchs- sowie des Bedarfsausweises grundsätzlich nicht vergleichbar. „Dass es beim Energieausweis zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen kann, ist nichts Neues. Schließlich sind ja auch sehr unterschiedliche Formen und Methoden zugelassen. Es kommt darauf an, den belastbaren Bedarfsausweis zu stärken, die Verfahren zu standardisieren und die Qualität in der Praxis zu sichern“, betont Kuhlmann.

Der dena-Geschäftsführer weist auf die deutlichen Unterschiede zwischen Verbrauchs- und Bedarfsausweis hin. Beim Verbrauchsausweis würden die durchschnittlichen Verbrauchsdaten der Immobilie als Grundlage dienen. Diese könnten sich – je nach Heizsaison – unter Umständen stark voneinander abweichen. Maßgebliche Faktoren sind beispielsweise die aktuelle Zahl der Bewohner im Haus, ein eventueller Leerstand einzelner Wohnungen sowie das individuelle Heizverhalten einzelner Bewohner pro Saison. Der Bedarfsausweis informiere dagegen über die Heizanlage, den errechneten Normverbrauch sowie die Bausubstanz. Um diese Werte zuverlässig zu ermitteln, sei eine Vor-Ort-Begehung durch einen qualifizierten Energieberater notwendig, betont die dena. Nur so komme ein belastbares und vergleichbares Ergebnis zustande.

Vor-Ort-Begehung durch Energieberater notwendig

Um verlässliche Aussagen zu möglichen Modernisierungsmaßnahmen sowie der energetischen Wirtschaftlichkeit treffen zu können, sollten Bedarfsausweise zukünftig ausschließlich auf Grundlage einer Vor-Ort-Begehung ausgestellt werden, so die dena. Das seitens der Bundesregierung vorgeschriebene Qualitätssicherungssystem für Energieausweise müsse zudem durch die Bundesländer weiter vorangetrieben werden. Außerdem schlägt das Unternehmen vor, die Verfahren und Methoden zur Datenermittlung und Berechnung des Energieausweises zu vereinheitlichen und zu vereinfachen. Auf dieser Grundlage könne ein Energieberater für die jeweilige Immobilie zuverlässigere und zudem vergleichbare Ergebnisse ermitteln.

Der von der Energieeinsparverordnung (EnEV) vorgeschriebene Energieausweis enthält aktuell allgemeine Angaben zum Gebäude, für die Beheizung verwendeten Energieträgern sowie zu den sogenannten Energiekennwerten. Er ist in der Regel zehn Jahre gültig. Die umstrittenen Energieeffizienzklassen bzw. Energieeffizienzwerte finden sich in allen seit Mai 2014 ausgestellten Energieausweisen für Wohngebäude. Die Skala der Effizienzklassen, die denen vieler Elektrogeräte ähneln, reicht von A+ bis H. Je weiter hinten der Buchstabe im Alphabet liegt, umso schlechter ist der energetische Zustand der jeweiligen Immobilie.

Johannes Schüller

2 Kommentare

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  • Mein Bruder hat sich ein Haus gekauft. Er hat sich zu dem Thema Energieausweis über sein Haus erkundigt. Die vorgeschrieben Daten und Werte sind beim ihm wie im Energieausweis beschrieben. Danke für diesen Artikel über die Effizienzwerte im Energieausweis.

  • Ein Freund möchte sein Haus in zentraler Lage bestmöglich verkaufen. Er will nicht über einen Makler gehen, sondern selbst eine Anzeige aufgeben. Dort muss er ja dann wohl detaillierte Angaben zum Energieausweis machen. Wie kann er denn prüfen, ob der Energiekennwert richtig angegeben ist?

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